Während alle nur noch über Tesla und Elektroautos reden, und ob der Bezos, den Branson und den Musk mit der Captain Kirk Nummer mal eben pr technisch in die Tasche gesteckt hat, eröffnen PtX-Kraftstoffe ernsthafte neue Perspektiven für Klimaschutz und Arbeitsmarkt. Nie gehört? Willkommen im Club. PtX steht für Strombasierte Kraftstoffe (Power-to-X).
Bei PtX-Verfahren wird elektrischer Strom in:
- Brenn- und Kraftstoffe (Power-to-Gas, Power-to-Liquid),
- in Rohstoffe für die Industrie (Power-to-Chem)
- oder in andere Energieformen (Power-to-Heat)
umgewandelt.
Aber nur wenn der benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen stammt, können PtX-Produkte einen Beitrag zum Erreichen der Klimaschutzziele leisten. PtX-Produkte bilden in diesen Bereichen auf lange Sicht die einzige klimafreundliche Alternative zu fossilen Kraftstoffen.
Wer an Alternativen zu E Cars denkt wird sofort an Wasserstoff denken und liegt damit auch vollkommen richtig. Hier geht es insbesondere um grünem Wasserstoff. Und es geht nicht um Autos, sondern um Schiffe und Flugzeuge.
Denn die größten Klimasünder unter den Fortbewegungsmitteln sind Flugzeuge. Beim Reisen mit dem Flugzeug, produzieren wir 380 g CO2 pro km. Damit erzeugt eine Flugzeugreise 153 Prozent mehr CO2-Emissionen als eine PKW-Reise und 950 beziehungsweise 1900 Prozent mehr CO2 als eine Reise mit der Bahn oder dem Bus. (Anmerkung der Redaktion: Der CO2-Ausstoß aller Serverfarmen und Rechenzentren ist übrigens noch höher als der aller weltweiten Fluggesellschaften. Das Internet ist also wirklich der Untergang.)
Die internationale Schifffahrt wiederum verschmutzt die Luft stärker als der Flugverkehr, so berichtet zumindest das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt. Beim CO2-Ausstoß halten sich beide Transportmittel die Waage, bei anderen Gasen übertrifft das Schiff den Luftverkehr aber ums Hundertfache.
Bundesumweltministerin Svenja Schulze sagte zum Thema:
„PtX-Technologien sind der Schlüssel für einen klimafreundlichen See- und Luftverkehr. Denn nur bei sehr wenigen Schiffen und Flugzeugen ist der Umstieg auf direkte Stromnutzung überhaupt möglich.“
Das erschließt sich den meisten Leser:innen sicher sofort. Eine Batterie, die ein 86 Tonnen Flugzeug über den Atlantik bringt, ist NOCH reine Jules Verne Fantasie, wird aber sicher von dem Typen im Jahre 2146 milde belächelt werden, dessen Smartwatch von einem Nano Kaltfusionsreaktor angetrieben wird.
Viele Regionen der Welt bieten gute Bedingungen für die Produktion von grünem Wasserstoff und PtX-Produkten. Das geht aus dem weltweit ersten PtX-Atlas des Fraunhofer IEE hervor.
Auffällig sind dabei die vielen Küstengebiete von Afrika, Südamerika und Australien. Die Produktion von Wasserstoff und dessen PtX-Folgeprodukte erfolgt per Wasserelektrolyse. Dies erfordert eine stetige Zuführung von Süßwasser.
Und hier wird es mal wieder kompliziert.
Da jedoch eine Entnahme von Wasser aus Binnengewässern zu einer mangelnden Wasserverfügbarkeit in der Region führen kann, wurden Flächen ausgeschlossen, die bereits Wasserstress-Indikatoren (Wassermangel oder -qualität) aufweisen. Und das geht mittlerweile vielen Orten so, auch in Deutschland. Ja, trotz des ganzen Regens. Vier von acht Berliner Wasserwerken sind laut Umweltverwaltung schon jetzt „im Minus“, fördern also mehr Wasser, als sich in ihrem Einzugsbereich als Grundwasser neu bildet. Dem Berliner Boden fehlen pro Quadratmeter 40 Eimer Wasser.
(Copyright: International Power-to-X Hub. Originalgrafik verfügbar unter: https://ptx-hub.org/how-ptx-works/)
Aber es geht auch mit Meerwasser. Der Einsatz von Salzwasser aus Küstengewässern benötigt natürlich eine Entsalzungsanlage zur Vorbehandlung des zugeführten Wassers. Da durch Entsalzungsanlagen eine mit Salz und Chemikalien angereicherte Sole entsteht, können ökologische Effekte durch die Rückführung der Sole ins Meer entstehen. Dementsprechend hat das Fraunhofer Institut in seinem Atlas alle Küstenregionen ausgeschlossen, die an marine Schutzgebiete angrenzen.
Die Forscher haben zusammengerechnet, dass sich außerhalb Europas langfristig 69.100 Terawattstunden (TWh) Wasserstoff bzw. 57.000 Terawattstunden strombasierte flüssige Kraftstoffe herstellen ließen.
Zum Vergleich: Für die globale Luftfahrt werden 2050 insgesamt mindestens 6.700 Terawattstunden, für den weltweiten Schiffsverkehr 4.500 Terawattstunden strombasierte Kraftstoffe benötigt.
(Tera ist das Präfix für 1 Billion = 1.000.000.000.000 und Wattstunde (Wh) ist eine abgeleitete Einheit für die „Energie“ die sich aus der Formel Energie = Leistung • Zeit ableitet.)
Nach dem internationalen System für Maßeinheiten ist das „Joule“ die verbindliche Maßeinheit für Energie, die Maßeinheit Kilowattstunde bzw. das Milliarden-Fache, die Terawattstunde, sollten also eigentlich nicht mehr verwendet werden. Selbst nach Jahrzehnten hat sich diese Vorgabe aber nicht durchgesetzt und die TWh wird häufig bei Stromdaten verwendet, was die Umrechnung in Joule erfordert. Tja nun ja. Vielleicht liegt es daran, dass Ingenieure einfach den Klang der TERAWATTSTUNDE mehr lieben als das zarte Joule.
Nur so zum Vergleich: Der Bruttostromverbrauch Deutschlands liegt bei ca. 600 TWh pro Jahr.
Anmerkung der Redaktion: Der PtX-Atlas ist übrigens im Rahmen des, vom Bundesumweltministerium geförderten Projekts, DeVKopSys (Dekarbonisierung Verkehr – Rückkopplung Energiesystem) entstanden, und zeigt mal wieder die deutsche Unfehlbarkeit, wenn es darum geht, möglichst wenig eingängige Abkürzungen zu finden.