Während renommierte Unternehmen wie Tesla oder VW auf Kunden im amerikanischen, europäischen oder asiatischen Raum setzen, entwickelt Opibus E-Mobilitätslösungen für Afrika. Dabei geht es nicht um Transportlösungen für deinen Großvater, sondern um Elektrobusse. Das Unternehmen Opibus wurde 2017 als Forschungsprojekt gestartet, mit dem Ziel SUVs, Energiespeicher, Motorräder und Busse zu entwickeln. Jetzt steht der erste Elektrobus „Made in Africa“ der Firma kurz vor der Massenproduktion. Die ersten Busse werden noch dieses Jahr ihre Fahrten aufnehmen und für die Massenproduktion ist das Jahr 2023 angepeilt. Opibus hat in den vergangenen Jahren schon konventionelle Busse auf Elektromobilität umgerüstet. Das jetzige Modell baut auf einer eigenen modularen EV-Plattform auf.
Anmerkung der Redaktion: Eine solche EV-Plattform ist zum Beispiel E-GMP (Electric Global Modular Platform) also eine elektrische Antriebsbasis, mit einem in der Länge skalierbaren Unterbau und einer im Fahrzeugboden integrierten und fest mit der Karosserie verbundenen Batterie zwischen Vorder- und Hinterachse. Die variabel nutzbare und zugleich stark standardisierte Plattform erlaubt so ziemlich alles im Aufbau: SUV, Sportautos, Robotaxis, und Derivaten für den Motorsport.
Aus dem einstigen Forschungsprojekt der schwedischen Universität entwickelte sich ein erfolgreiches schwedisch-kenianisches Start-up-Unternehmen. Die EV-Technologie wird speziell für afrikanische Verhältnisse entwickelt. So liegen die Schwerpunkte in den Bereichen Zuverlässigkeit und Langlebigkeit. Ein weiterer wichtiger Punkt sind die vergleichsweise niedrigen Kosten bei Herstellung und im Betrieb.
Besonders ist das Baukastensystem der Firma. So können die Komponenten für verschiedene Fahrzeugtypen angepasst werden. Der Elektrobus wird mit lokalen Ingenieuren entworfen und in Zusammenarbeit mit lokalen Fertigungspartnern hergestellt. Opibus ist führender Hersteller von Elektrofahrzeugen in Afrika und produzierte als erstes Unternehmen Elektrofahrräder für den lokalen Markt. Heute verfügt das Unternehmen über eine der größten, bisher eingesetzten Flotten von Elektromotorrädern.
“This first electric bus is set to be launched commercially mid this year. Following this, the platform will be tested at scale in commercial deployment of 10 buses during the second half of 2022. In doing so, we ensure that we gather valuable feedback to continue the development of the product for an optimized market fit. It feels great to be the first movers in this very exciting space” – Dennis Wakaba, Project coordinator – Public Transport
Technische Daten und Besonderheiten
Der Elektrobus verfügt über einen Elektromotor mit 225 kW und ein Drehmoment von 706 Nm. Für ausreichend Energie sorgt die 121-kWh-Batterie. Damit erreicht der Bus eine Höchstgeschwindigkeit von 85 Kilometern pro Stunde und eine Reichweite von 120 Kilometern. Für die Ladung der Batterie stehen zwei Systeme zur Verfügung. Die DC-Ladeleistung beträgt 90 kW. Damit ist eine vollständige Aufladung in etwa einer Stunde möglich. Die langsameren AC-Geräte bieten eine Ladeleistung von 20 kW. Zu den innovativen Systemen des neuen Elektrobusses von Opibus gehört auch regeneratives Bremsen zur Batterie. Durch das Bremsen wird Strom erzeugt und mit diesem wird die Batterie des Elektrobusses automatisch geladen. Der neue Bus ist mit einer vollelektrischen Servolenkung sowie mit Controller und Ladegerät ausgestattet. Zu den Spezifikationen gehören ein IP67 wasserdichter Antriebsstrang und ein Motor, der flüssigkeitsgekühlt ist.
Regeneratives Bremsen und vollelektrische Servolenkung
Durch regeneratives Bremsen wird der E-Motor zu einem Generator. Das System wird als Rückgewinnung von Energie bezeichnet. Der Bus gewinnt die eigentlich schon verbrauchte, kinetische Energie aus der eigenen Bewegung zurück. Bei einem herkömmlichen Verbrennungsmotor wird die, beim Bremsen entstehende, Reibungswärme nicht genutzt und verpufft wirkungslos. Beim regenerativen Bremssystem wird Bewegungsenergie wieder in elektrische Energie umgewandelt und die Batterie wird geladen. Das System ist beim neuen Bus von Optibus anpassbar. Regeneratives Bremsen beginnt, sobald du den Fuß vom Gas nimmst. Ähnlich wie bei einer Motorbremse verringert sich die Geschwindigkeit und die Batterie wird geladen. Wie stark das System arbeitet, lässt sich in verschiedenen Stufen einstellen. Ist die Bremsenergierückgewinnung zu streng eingestellt, kann sich dies negativ auf das Fahrgefühl und das Wohlbefinden im Fahrzeug auswirken. Elektrisch unterstützte Lenksysteme brauchen keine Hydraulikflüssigkeit und sparen bis zu 90 % Energie gegenüber der hydraulischen Servolenkung. Die Lenkbewegungen werden durch einen Elektromotor unterstützt. Es gibt keine undichten Servolenksysteme und keine Hydraulikflüssigkeit, die die Umwelt belastet. Electrically Powered Steering ist wartungsfrei. Die Funktionsprüfung erfolgt durch ein Diagnosesystem.
Elektrobus in Kenia im Einsatz
Der erste Elektrobus hat in den Straßen von Nairobi bereits Fahrt aufgenommen. Zunächst erfolgt der Einsatz im stadtnahen Bereich. Optibus installiert derzeit Ladepunkte für langsame und schnelle Lademöglichkeiten, um einen problemlosen Betrieb zu ermöglichen. Mit dem Schnellladegerät ist der Elektrobus in einer Stunde vollständig aufgeladen. Wenn der Probebetrieb erwartungsgemäß läuft, wird in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 der kommerzielle Einsatz mit 10 weiteren Bussen getestet.
Wirtschaftlichkeit
Neben dem Umweltgedanken spielt natürlich die Wirtschaftlichkeit bei so großen und innovativen Projekten eine wichtige Rolle. Hier stellt das Unternehmen Opibus die geringen Wartungskosten in den Vordergrund. Da der Bus weder Verbrennungsmotor noch Schaltgetriebe besitzt, ist eine Reduzierung der Wartungskosten im Vergleich zu einem mit Diesel betriebenem Bus von etwa 80 Prozent zu erwarten. Es müssen keine Öle, Filter oder Dichtungen getauscht werden. In Zukunft ist mit einem steten Anstieg des Dieselpreises zu rechnen. Laut Berechnungen werden die Einsparungen bei den Betriebskosten bzw. Energiekosten um die 50 Prozent betragen.
Short facts über Opibus:
- Gender equality: 40% weibliche Mitarbeiter in allen Bereichen
- Lokale Inhalte und Lieferkette: Alle Produkte werden vor Ort entwickelt und in Ostafrika hergestellt
- Herstellung der ersten afrikanischen Elektromotorräder und die größte Spendenaktion für Elektromobilität in Subsahara-Afrika