Mein Fazit ausnahmsweise schon mal vorab. Nach mehreren Stunden artgerechter Bewegung über englische Landstraßen hinterm Steuer des neuen 570S Spider von McLaren steht für mich fest: andere Sportwagen begeistern auch, sind aber kaum alltagstauglicher als dieser extrem sportliche McLaren. Auf Englands Straßen erlebe ich den orange-farbenen Supersportwagen als fein austarierter Straßenschmeichler, als ausgebuffte Gratwanderer zwischen Wow! und Oh-mein-Gott. Aber nicht nur mit dieser eher poetischen Darlegung unterscheidet sich der McLaren mit seiner sehr zielstrebigen Auslegung – ganz ohne Kompromisse von einem Porsche 911 turbo, Audi R8 oder dem AMG GT Roadster.
Der 570s Spider ist ein Cabrio ohne Schnick-Schnack
Der Zuschnitt und das ganze Ambiente sind anders: Wo sich Porsche selbst als Turbo S noch als Power-Limousine anfühlt, der Audi R 8 ein wenig an eine Spielkonsole auf Rädern erinnert und Mercedes auch als AMG GT Roadster vom Luxus nicht lassen kann, ist der 570S Spider (Die Zahl steht für die PS-Anzahl) das authentischste Auto – keine überflüssige Inszenierung und kein Schnick- Schnack. Die Form ist pure Funktion und weitgehend aus dem Windkanal, dabei sind die „dihidral“ öffnenden Türen (der Engländer würde „Butterfly doors“ sagen) ein wichtiger Bestandteil der Karosserie. Im Inneren dominiert das filigrane, die wenigen Schalter sind gut integriert und selbst der Touchscreen irgendwie zurückhaltend. Obwohl es den 570S Spider, so erklärt es uns Amel Boubaaya von McLaren, nun auch mit Handschuhfach, Schminkspiegel und seitlichen Ablagemöglichkeiten gibt.
McLaren gehört noch immer in die Kategorie Supersportwagen mit Seltenheitswert
Aber jetzt mein Fahrbericht. Das Handling lässt sich in drei Stufen einstellen, wobei die Bandbreite von gutmütig bis richtig grimmig reicht. Okay, gutmütig ist relativ. Eigentlich verstehen sich diese Modelle als Straßensportwagen mit Verwöhn- Ambitionen. Uneigentlich ist jeder McLaren ein getarnter Rennwagen, kurvengierig und allzeit kampfbereit. Sie sind extrem gutmütig, es braucht nur eine gute Portion Mut um der Straße die Zähne zu zeigen. Der 600 Newtonmeter starke Freiluftsportler mit seinem sehr wirksamen absenkbaren Glas-Windschott will hart angepackt werden. Im dritten Gang mit über 150 km/h über die Landstraße, Kurve um Kurve probiere ich aus wie hoch ich meinen Puls treiben kann. Rein theoretisch bis zu 341 km/h – Suchtgefahr! Da stellt sich abschließend nur die Frage: Ab wann kann man einen McLaren auch bei Sixt mieten …?
Fotos & Text: Christoph R. Sage